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Werke von Maximilian Schmidt

 

Maximilian Schmidt
 
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Die heiligen drei Könige

(aus dem Buch Der Mautner-Flank)

  Die sogenannten Viehpatrone Leonhard und Wendelin sind in altbayerischen Landen die größten Volkslieblinge; dann aber kommen gleich die Könige Kaspar, Melchior und Balthasar, denen zu Ehren das Landvolk einige Verse gedichtet hat, welche von den „Heilindreikünibuam“ von Haus zu Haus gesungen oder, besser gesagt, „geplärrt“ werden. (Nach Josef Schlichts Bayerisch Land und Bayerisch Volk, welches Werk in kultureller Hinsicht hochbedeutsam ist. D. V.)

  Es sind dieses drei der Werktagsschule entwachsene Rangen, deren Hosen und Stiefel kernbayerisch sind, während die Obergewänder schon einen morgenländischen Anstrich zeigen. Zwei von ihnen tragen eine weißgewaschene „Pfoad“ (Hemd) über ihrer sonstigen Kleidung und sind mit roten Schärpen gegürtet. Des Mohrenkönigs Hemd aber ist schwarz und weiß gestreift, und sein Gesicht mit Ofenruß geschwärzt, während die Königsgesichter der andern mit Zimmermannsrötel so morgenländisch als möglich zurecht gemalt sind. Auf den Köpfen wackeln rote Papierkronen mit Halbmond, Kreuz und Zacken. Statt der „Heilindreikünirosse“ haben sie hagebuchene Knüppel in der Hand, und einer von ihnen trägt an einem Stabe einen Stern, welcher mittels einer Kurbel drehbar ist und auf diese Weise stärker glitzert.

  Die lärmende Kinderwelt hüpft und rennt mit den Königen von Haus zu Haus und lauscht mit immer neuer Lust dem ohrenzerreißenden Gesange:

Wir ziehen herein,
Ganz schnell herein,
Voll Perlein, Gold und Edelstein.
Wir ziehen bald ’naus
Beim ersten Thor:
Derselbige Stern
Steht auch schon davor,
Derselbige Stern
Der giebt uns klar Schein,
Der leuchtet uns bis
Nach Köllen am Rhein.
Wir ziehen wohl hin
Für Herodes sein Haus;
Herodes schaut eben
Zum Fenster heraus.
Herodes spricht aus Übermut:
„Kehrt ein ihr drei Herren,
Und nehmet für gut!
Kehrts ein, meine Herren,
Kehrts ein bei mir,
Ich will euch geben
Wein und Bier
Ich will euch geben
Stroh und Heu,
Ich will euch halten
Zehrungsfrei!“
„Nein,“ sprach König Kaspar, „das thun wir nicht,
Denn hier ist unser Bleiben nicht,
Wir treiben den Stern
Von unten herauf,
Sind unser drei Brüder,
Hören ’s Singen jetzt auf.
Wo liegen denn die hl. drei König begraben?
Zu Köllen am Rhein, da kann man’s erfragen.“

  Mit höfischem Zeremoniell haben diese drei Königsweisen nichts zu schaffen. Die unglaubliche Einfalt und Gutmütigkeit des Volkes weiß sogar dem finstern Henker von Bethlehem, dem König Herodes, noch eine gutmütige Seite abzugewinnen, indem sie ihn beim Antritt der morgenländischen Könige in Hemdärmeln und eine Pfeife im Mund zum Fenster herausschauen läßt, die ankommenden Morgenländer herzlich zum Zuspruch einladend, und noch dazu zechfrei! Dieses wahrscheinlich, weil ein uralter Reim sagt:

Die heilin drei Küni mit ihrem Stern,
Die essen und trinken und zahlen nit gern.

  Diese heiligen drei Könige stehen gerade in den Flegeljahren, und der schwarze Melchior ist in der Regel der größte Schlingel des ganzen Dorfes, der dem nachstürmenden Kindertroß oft seine ebenso unköniglichen als fratzenhaften Grimassen schneidet oder sich auch gelegentlich mit ihm herumrauft.

  Nachdem sie beschenkt und bewirtet worden, singen sie dem Herrn des Hauses und seiner Familie das neue Jahr an:

Was wünschen mer dem Herrn
Zum neuen Jahr?
Und was mer ihm wünschen,
Das wird ihm sein wahr!
Wir wollen ihm wünschen
An’ goldenen Tisch
Und auf jedem Eck
An’ bratna Fisch;
Und drinn in der Mitt’
A Kandel voll Wein,
Die heilin drei König,
Die schenken schon ein.

Was wünschen mer der Frau
Zum neuen Jahr?
Und was mer ihr wünschen,
Das wird ihr sein wahr!
Wir wollen ihr wünschen
A Wiegerl vürs Bett,
Damit da die Frau glei
Ihr Kinderl drein legt.

Was wünschen mer dem Kinderl
Zum neuen Jahr!
Und was mer ihm wünschen
Das wird ihm sein wahr!
Wir wollen ihm wünschen
An’ goldenen Wagen,
Damit daß dös Kinderl
In Himmel kann fahren.

  Zuletzt überwerfen sich die drei Weisen noch. Warum das geschieht, weiß man eigentlich nicht, aber sie disputieren auf folgende Weise:

Kaspar: König Kaspar bin ich genannt.
Balthasar: Was, du bist König Kaspar aus Morgenland?
Melchior: So reich mir deine rechte Hand!
Kaspar: Meine rechte Hand reich ich dir nicht,
    Du bist ein Mohr, dir trau ich nicht!

  Der Mohr erhebt den Stock gegen seinen königlichen Bruder Kaspar, aber Balthasar legt sich ins Mittel, und friedlich verlassen sie dann das Haus, um die Nachbarn in gleicher Weise zu ergötzen.

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