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Werke von Maximilian Schmidt

 

Maximilian Schmidt
 
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Johannisblume und Johannisfeuer

(aus dem Buch Glasmacherleut')

  Die Bedeutung der Johannisblume [...]. Als nämlich der heilige Johannes zum Märtyrertode geführt wurde, weinten diese gelben Blümlein und der Heilige vermachte ihnen zum Danke dafür sein Blut auf ewige Zeiten, wovon man sich gar leicht überzeugen kann; denn drückt man ein solches Blümlein zwischen den Fingern, so rinnt rotes Blut heraus. Deshalb wird die Johannisblume überall für ein heiliges Kraut gehalten und das Haus, in welchem man sie in Ehren hält, ist bewahrt vor dem bösen Feinde, vor Kobolden und Hexen. Das verdroß die bösen Hexen so gewaltig, daß sie mit Nadelstichen die Blümchen zu Tode peinigen wollten; aber je mehr sie die Blätter durchlöcherten, desto mehr gedieh die goldene Blüte, an welcher die Kraft der Bösen erlahmte. Darum sieht man noch heutigestags die Blättchen vielhundertmal durchstochen, aber dennoch grün und frisch, worüber die Hexen so erzürnt sind, daß sie den Blüten schon von weitem aus dem Wege gehen, denn ihre Macht erlahmt, wo Johannesblümlein prangen.

  Aeltere Mädchen wieder wanden sich Kränze aus „neunerlei Blumen“, manche in der kühnen Absicht, eine Frage an das Schicksal zu wagen; denn es geht die Sage, daß diejenige, welche zu Johanni die jungfräuliche Stirn mit einem solchen Kranze geschmückt hat und bei sternklarem Himmel zunächst einem Baume hineinschaut in die dunkle Flut des Regenbaches, darin das Bild des zukünftigen Gatten erblickt. Manche neigte sich schon jetzt, als sie über den Steg schritt, bedeutungsvoll hinab in das rauschende Wasser, wo die rotgefleckten Forellen lustig herumschwammen und neugierig und überrascht heraufschauten zu der Menge von Leuten und der ungewohnten Lustbarkeit da oben.

  [...] Das übrige junge Volk stand auch nicht müßig, sondern schleppte einen großen Vorrat von Holz und Reisig herbei, um in den Nachmittagsstunden Johannisfeuer, über welche gesprungen werden sollte, und abends eine große Hexe anzuzünden.

  Das war eine Lust, als die Johannisfeuer angebrannt wurden! Hand in Hand sprangen die Buben und Deandeln über das brennende Element und gaben sich Mühe, recht hoch zu springen, denn: „So hoch der Sprung, so lang gedeiht der Flachs!“

  Auch die älteren Leute versuchten, über die Flamme zu kommen, denn „wer übers Johannisfeuer springt, bleibt dasselbe Jahr vor Fieber verschont“, und dieser Wohlthat wünschte jeder teilhaftig zu werden.

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