CHKs Seiten im Internet

Werke von Maximilian Schmidt

 

Maximilian Schmidt
 
Fotos
Werke
Sagen und Brauchtum

 

-> Kontakt

 

Das große Kirmrennets (Betteln um Allerheiligen)

(aus dem Buch Die Pfingstelbraut)

  [...] am Tage Allerheiligen, sah man ganze Karawanen von Leuten dort verkehren, zunächst Weiber und Kinder, meist in Lumpen gekleidet, mit Spitzkirmen auf dem Rücken, in lautester, oft ausgelassenster Unterhaltung.

  Es waren die sogenannten „Seelaleut“, welche zum Betteln der eigens für diese Tage aus Weizenmehl gebackenen und mit Kümmel gewürzten Seelenspitzen oder Seelenwecken im Lande herumwandern, woran sich alles, was sich arm glaubt, selbst solche, die sonst nicht betteln, beteiligt.

  Kirm an Kirm kommt vor die Hausthür des wohlhabenden Dörflers oder Märktlers und unausgesetzt schallt es:

  „Sei’s Krist’s! (Gelobt sei Jesus Christus.) Bitt’ um an’ Seelaspitzn.“

  Andere sagen den Spruch:

„Sei’s Kristes um a Spitzl,
Mei’ Vada is a Kitzl,
Mei’ Muada is a Habasack,
Get’s ma, was i trag’n mag,
Get’s ma fei nöd z’viel und z’weng,
Daß i mei’ Sackal nöd z’spreng.“

  Das Spitzl wird in Empfang genommen, in die Kirm geworfen und nach einem gesprochenen „Vergelts Gott!“ geht es wieder hastig von dannen. Der Volkshumor nennt diesen dreitägigen Bettellauf „das große Kirmrennets“; der tosende Sturm der Bettelkirmen staut sich oft, mißliebige Reden fliegen hinüber und herüber, und zeternd, mitunter von handgreiflichen Bemerkungen begleitet, lösen sich oft erst wieder die Parteien von einander.

  Für freche Bettelsäcke ist die Seelenspitzenzeit die günstigste, mancher lauert das Getümmel ab und kommt dann wohl zwei oder drei Mal vor ein und dieselbe Thüre. Nicht selten dürften da Bettler und Geber die Rolle tauschen, das Kirmweib, das um den Seelenspitzen hineinruft, sollte ihn vielmehr herausreichen und die Hausfrau, welche die Gabe abgiebt, hätte es nötig, um Seelenspitzen sammeln zu gehen.

zurück