Logo zum Jahr 2000
  CHKs Seiten im Internet

Briefwechsel mit einem Freikirchler

Logo zum Jahr 2000

 

Beginn Über den Briefwechsel
 
Der Auslöser
 
Briefe
über
die
Bibel
29.01.1999 (C)
01.02.1999 (W)
02.02.1999 (W)
04.02.1999/1 (C)
04.02.1999/2 (C)
05.02.1999 (W)
12.02.1999 (C)
10.03.1999 (W)
 
Briefe
über
die
Kirchen
15.03.1999 (C)
15.03.1999 (W)
22.03.1999 (C)
23.03.1999 (W)
23.03.1999 (C)
26.03.1999 (W)
 
Über
das
Böse
Michls Text
29.03.1999 (W)
05.05.1999 (M)
17.05.1999 (W)
18.05.1999 (M)

 

-> Kontakt

Brief vom 04.02.1999

Hallo Wolfgang!

Erstmal vielen Dank für Deine Antwort. Ich finde es immer gut, wenn jemand deutlich sagt, was er denkt. Da brauchst Du Dir also keine Gedanken zu machen.

Wobei sich später herausgestellt hat, dass es auch Einschränkungen gibt.
Beim Lesen Deiner Antwort ist mir gekommen, dass ich eine wesentliche Erklärung vorweg vergessen habe. Dies könnte durchaus notwendig sein, um meine Position zu verstehen. Deshalb hole ich dies hier erst einmal nach und gehe noch nicht genauer bzw. nur nebenbei auf Deine Antwort ein.

Die Voraussetzung überhaupt ist natürlich: Der Glaube an Gott. Darin werden wir uns einig sein. Also: Ich glaube an Gott. Aber: Ich glaube nicht an die Unfehlbarkeit der Bibel. Vermutlich unterscheiden wir uns in diesem Punkt. Vielleicht täusche ich mich aber auch. Ich nehme also nicht alles als gegeben hin, nur weil es (vor allem) im AT und im NT steht.
Diesen meinen Ausgangspunkt will ich Dir erst einmal begründen.

Es gibt die Ansicht, die Bibel sei von Gott inspiriert, und deshalb habe jedes Wort uneingeschränkte Gültigkeit.
Aber (um ein sehr extremes Beispiel zu bringen): Im Judasbrief wird in Vers 9 aus dem Testament des Mose und in den Versen 7.14 aus dem Henochbuch zitiert. Beides apokryphe Bücher (zu diesen zähle ich - nur nebenbei erwähnt - übrigens nicht die deuterokanonischen Bücher). Ist nun der Judasbrief als inspiriert anzusehen? Wenn ja, warum dann nicht die anderen beiden Bücher?

Zu meiner Sichtweise der Bibel. In Mt 22,37-40 steht:
"Er antwortete ihm: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken. Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist das zweite. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz samt den Propheten."

An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz samt den Propheten!!
Es ist nicht so gemeint, dass alles vorher gesagte sich in diesen beiden Sätzen konzentriert. Nein, es ist umgedreht. Jede Aussage der Bibel hat sich an diesen beiden Geboten zu orientieren. Wenn etwas diesen Geboten widerspricht, so widerspricht es auch der Lehre Jesu. Und gerade dazu finden sich viele Beispiele im AT.
Soweit dazu.

Dieser Absatz birgt wohl die wichtigste Aussage des Briefwechsels.

Du sagst, dass der Mensch seit dem Sündenfall von Grund auf "schlecht" sei. Dem kann ich nicht zustimmen. Dies setzt doch auch die Erbsünde voraus. Und eine solche gibt es nicht. Denn Jesus hat alle Schuld auf sich genommen. In Jeremia 31,29-30 steht:
"In jenen Tagen sagt man nicht mehr: Die Väter haben saure Trauben gegessen, und den Söhnen werden die Zähne stumpf. Nein, jeder stirbt nur für seine eigene Schuld; nur dem der die sauren Trauben ißt, werden die Zähne stumpf."

Jene Tage begannen mit Jesus. In Ezechiel 18,2-3 steht ähnliches:
"Wie kommt ihr dazu, im Land Israel das Sprichwort zu gebrauchen: Die Väter essen saure Trauben, und den Söhnen werden die Zähne stumpf? So wahr ich lebe - Spruch des Herrn -, keiner von euch in Israel soll mehr dieses Sprichwort gebrauchen.

Der Mensch kommt also ohne Sünde zur Welt. Gut, kannst Du jetzt sagen, das ändert aber nichts an der Tatsache, dass er von Haus aus schlecht ist.
Doch dem kann ich Dir eine Aussage von Jesus entgegen halten, die Du in Mt 18,1ff findest:
"Wenn ihr nicht ... wie die Kinder werdet, könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen."
(Die Auslassung erfolgte bewusst, denn sie hat in diesem Zusammenhang keine Bedeutung.)
Jesus sagte weiter (Mt 18,6): "Wer einen von diesen Kleinen ... zum Bösen verführt ..."

Für mich sind dies Aussagen, die mein Menschenbild bestätigen:
Der Mensch ist im Grunde seines Herzens gut. Er kann zum Bösen verführt werden, aber dies hat (zumindest anfangs) nichts mit seinem Inneren zu tun.
1 Joh 3,12: "... weil seine Taten böse waren." Die Taten, nicht das Innere, die Seele, das Wesentliche des Menschen.

Soweit dazu, nur noch zwei Zitate, um dies zu verdeutlichen:
Sir 11,33: "Hüte dich vor einem Bösen; denn er zeugt Böses."
Spr 4,14: "Betritt nicht den Pfad der Frevler, / beschreite nicht den Weg der Bösen!"
 

Zur Sache mit dem "furchtbaren" Gott.
Du kannst Dir sicher denken, dass ich Dir hier widersprechen muss. Doch dazu ein andermal. Ich denke, das reicht fürs erste.

Also viele Grüsse

      Christian

 
 
<-- voriger Brief