Logo zum Jahr 2000
  CHKs Seiten im Internet

Briefwechsel mit einem Freikirchler

Logo zum Jahr 2000

 

Beginn Über den Briefwechsel
 
Der Auslöser
 
Briefe
über
die
Bibel
29.01.1999 (C)
01.02.1999 (W)
02.02.1999 (W)
04.02.1999/1 (C)
04.02.1999/2 (C)
05.02.1999 (W)
12.02.1999 (C)
10.03.1999 (W)
 
Briefe
über
die
Kirchen
15.03.1999 (C)
15.03.1999 (W)
22.03.1999 (C)
23.03.1999 (W)
23.03.1999 (C)
26.03.1999 (W)
 
Über
das
Böse
Michls Text
29.03.1999 (W)
05.05.1999 (M)
17.05.1999 (W)
18.05.1999 (M)

 

-> Kontakt

Brief vom 29.03.1999

Hallo,

Wenn mich nicht alles täuscht, dann hat Christian eh' schon mit Dir über mich diskutiert. Und bevor da noch mehr komische Meinungen über mich aufkommen, schalte ich mich am besten selbst mal ein...

Die Suche nach den Ursprüngen des Bösen

Seit es die Menschheit gibt, gibt es das Böse. So jedenfalls könnte man meinen. Schlägt man die ersten Seiten des AT auf, bekommt man aber den Eindruck, als hätte es einmal eine friedfertigere Zeit gegeben, genannt Garten Eden, Paradies oder wie auch immer.

Nicht nur "friedfertiger"...

Dort beging der Mensch - laut Hl. Schrift - zum ersten Mal das, was wir "böse" nennen.

Das stimmt nicht ganz. Er sündigte. Das Böse ist erst eine Folge davon.

Doch damit ist noch nichts erklärt, im Gegenteil: es stellen sich eine ganze Menge unangenehmer Fragen. Eine davon lautet: Ist denn das Böse ursprünglich dem Menschen entsprungen?

Nein, das geht aus der Bibel eindeutig hervor. Hilfreich ist es dabei, sich den ursprünglichen Auftrag des Menschen anzusehen (die Antwort auf die Frage, warum Gott ihn überhaupt geschaffen hat): Er sollte den Garten Eden bebauen, bewahren und sich die Erde untertan machen. Ich habe erst kürzlich in einem Buch gelesen, daß die Wörter im Urtext eine ziemlich scharfe Bedeutung haben. "Bewahren" meint ein scharfes Bewachen von Gegenständen, die in Gefahr stehen, abhanden zu kommen und das "untertan machen" bedeutet ein "unterjochen", wie "Kelter treten" (für das müßte ich nochmal nachlesen, habe ich schon wieder teilweise vergessen). Warum die scharfen Begriffe? (Meine :) Antwort: Das "Böse" war schon da, und der Mensch war Gottes Werkzeug, die Herrschaft Gottes auf der Erde (laut Bibel Herrschaftsgebiet Satans) wiederherzustellen (vgl. Eph. 6,12). Dabei hat der Mensch versagt. Aber Gott hat seine Absicht, mit Hilfe des Menschen (im Sinne von: durch den Menschen), die Herrschaft zurückzugewinnen, nicht aufgegeben, auch wenn Jesus dafür sterben (und auferstehen) mußte. Vergleiche dazu Gottes Fluch gegen die Schlange kurz nach dem Sündenfall (1.Mose 3,14+15).

Wenn nicht, woher stammt es dann? Im Buch Daniel, im Judasbrief und in der Apokalypse lesen wir vom Engelsturz, doch auch hier ist die

auch in Hesekiel und Jes 14,4ff

Entscheidungsfähigkeit zum Bösen bereits vorhanden und damit bereits das Böse selbst.

Die Differenzierung Sündigen/böse habe ich schon oben vorgenommen.

Hier tut sich also die unangenehmste Frage auf: Kommt das Böse von Gott? Nach christlicher Lehre ist das nicht möglich.

Klagelieder 3,38 (wegen dem Zusammenhang schon ab V. 34): 3,34 Wenn man alle Gefangenen auf Erden unter die Füße tritt 3,35 und eines Mannes Recht vor dem Allerhöchsten beugt 3,36 und eines Menschen Sache verdreht, - sollte das der Herr nicht sehen? 3,37 Wer darf denn sagen, daß solches geschieht ohne des Herrn Befehl 3,38 und daß nicht Böses und Gutes kommt aus dem Munde des Allerhöchsten? 3,39 Was murren denn die Leute im Leben? Ein jeder murre wider seine Sünde!

Ich gebe zu, daß ist eine schwierige Stelle (und widerspricht scheinbar dem, was ich oben gesagt habe) und nicht die einzige dieser Art in der Bibel. Die Antwort dürfte in V. 39 liegen. (vgl. Römer 9, 14ff.:
9,14 Was sollen wir nun hierzu sagen? Ist denn Gott ungerecht? Das sei ferne! 9,15 Denn er spricht zu Mose (2. Mose 33,19): «Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig; und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich.» 9,16 So liegt es nun nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen. 9,17 Denn die Schrift sagt zum Pharao (2. Mose 9,16): «Eben dazu habe ich dich erweckt, damit ich an dir meine Macht erweise und damit mein Name auf der ganzen Erde verkündigt werde.» 9,18 So erbarmt er sich nun, wessen er will, und verstockt, wen er will.
9,19 Nun sagst du zu mir: Warum beschuldigt er uns dann noch? Wer kann seinem Willen widerstehen? 9,20 Ja, lieber Mensch, wer bist du denn, daß du mit Gott rechten willst? Spricht auch ein Werk zu seinem Meister: Warum machst du mich so? 9,21 Hat nicht ein Töpfer Macht über den Ton, aus demselben Klumpen ein Gefäß zu ehrenvollem und ein anderes zu nicht ehrenvollem Gebrauch zu machen?a 9,22 Da Gott seinen Zorn erzeigen und seine Macht kundtun wollte, hat er mit großer Geduld ertragen die Gefäße des Zorns, die zum Verderben bestimmt waren, 9,23 damit er (a) den Reichtum seiner Herrlichkeit kundtue an den Gefäßen der Barmherzigkeit, (b) die er zuvor bereitet hatte zur Herrlichkeit.
)

Das ist echt hart und rätselhaft, auch für mich :-). Aber wir sollten uns hin und wieder mal vergegenwärtigen, wer Gott ist und wer wir sind: Schöpfer und Geschöpfe.

Die Allgegenwart "des Bösen" scheint das aber zu widerlegen. Eine weitere Denkmöglichkeit wäre ein dualistisches System, in dem zwei sich ewig bekämpfende Prinzipien, Gut und Böse, auf die Welt ein- und in ihr wirken. Dem christlichen Glauben widerspricht auch das. Und sogar wenn das Böse im Menschen oder dem abtrünnigen Engel originär wäre, müßte man dann nicht einen Fehler in der Schöpfung vermuten? Wäre dann Gott noch Gott oder ein lediglich selbst noch in seiner eigenen "Evolution" gefangenes Wesen?

Dieser Absatz ist durch das oben gesagte schon gegenstandslos und, offen gesagt, etwas abstrus.

Einen anderen Erklärungsversuch für den Ursprung des Bösen nimmt man für gewöhnlich über das Thema "Freiheit" vor. Gott hat seine Geschöpfe in die (von ihm geschaffene!)

Warum das Ausrufezeichen? Gerade das Gegenteil (die "Einengung" des Menschen durch Gebote Gottes) wird doch so oft kritisiert! Die Freiheit will man haben, aber die negativen Folgen des Missbrauchs derselben soll Gott bitteschön verhindern!

Entscheidungsfreiheit gestellt, nicht ob sie - und hier liegt m.E. ein Ansatz zur Lösung - das Böse tun oder lassen, sondern ob sie "Ja" oder "Nein" sagen wollen. Vielleicht ist das die bequemste Art, diese Frage loszuwerden, und wahrscheinlich auch nicht eine, die jeden zufriedenstellt;

Wieso nicht?

nachdem die Bibel aber keine Lösung anbietet, ist das Reflektieren darüber beinahe schon Verpflichtung

Wir müssen Lösungen finden, weil die Bibel nicht weiter weiß?!? Ich denke, die Bibel sagt genügend darüber.

(was nicht heißen will, dass man die "Lösungen" der Bibel nicht auch kritisch hinterfragen sollte ...).

Ziemlich anmaßend, vgl. die Römerstelle.

Letztendlich wäre das Böse also nur ein ins Extreme geratene "Nein" der Geschöpfe

Ziemlich gute Erklärung (natürlich wieder aus meiner Sicht der Bibelstellen) ...

Die philosophische Sicht der Sachlage ist - nebenbei bemerkt ->durchaus einer genaueren Reflexion wert; eine endgültige schlüssige Lösungsmöglichkeit habe ich aber bislang auch dort nicht entdeckt (was nicht heissen soll, dass die Philosophie stets mehr erklärt als die Theologie ;-)), auch soziologisch angehauchte Deutungen bringen wenig.

Menschliche Weisheit hat's noch nie besonders weit gebracht.

Aber vielleicht hilft mir ein geneigter Leser auf die Sprünge ...?

Ich werde dem Autor diesen Ausschnitt weiterleiten (mit meinen Kommentaren), vielleicht bringt's ihm was (das soll aber nicht heissen, dass ich meine Meinung fuer den "Weisheits letzter Schluss" halte).
Soweit der Ausschnitt. Kommentare sind willkommen, aber mit dem Hinweis darauf, dass zur Zeit wegen der Diplomarbeit meine Zeit zum Mailen begrenzt ist.

Viele Grüße
Wolfgang

 
 
<-- Michls Text