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Briefwechsel mit einem Freikirchler

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Brief vom 23.03.1999

Hallo Wolfgang!

Nun ist die Antwort wieder an mir. Ich beginne auch gleich mit den offenen Fragen.

Du meintest, dass ich gar nicht auf Deine Argumente eingegangen sei. An Problempunkten würde ich auf andere Themen ausweichen. Als Beispiel fügst Du die Evolution/Schöpfungsgeschichte an. Du täuschst Dich. Gerade dieser Bereich ist eine sehr zentrale Sache in unserer Diskussion. Ich dachte, dies wäre Dir bewußt. Nachdem dies nicht so ist, werde ich Dir die Sache näher erläutern.
Dein Gottesbild hängt sehr stark von der Schöpfungsgeschichte ab. Ebenso wie das meine von der Evolutionstheorie. In der Schöpfungsgeschichte hat Gott allen Einfluss auf die Schaffung des Weltalls, der Erde, der Tiere, der Pflanzen und der Menschen. Nun kam es zum 'Sündenfall'. Adam und Eva werden aus dem Paradies in eine unwirtliche Welt vertrieben. In dieser Welt gibt es unter den Menschen Hass und Neid, Krieg und Tod. Alles ist auf Feindschaft untereinander ausgelegt, auch im Tierreich. Du hast auch einmal geschrieben: 'Selbst "normale" Krankheiten sind nicht normal, sondern eine Folge des Sündenfalls.' All dies vermittelt das Bild eines strafenden, unbarmherzigen Gottes. Nur wer seinen Willen tut, hat evtl. die Chance, Gnade vor seinen Augen zu erlangen (hier verweise ich in Bezug auf das 'eventuell' auf die Geschichte Ijobs, die Du einmal angeführt hast). Gott straft also selbst mit Krankheiten wie Aids (um den Bogen zu der Predigt von Wilkerson zu schließen). So etwas ist hart, sehr hart. Und ungerecht. Es stellt sich mir hierbei auch die Frage, woher das Böse stammt. Denn wenn es von Anfang an Gott gegeben hat und er allmächtig ist, wie konnte er dann die Entstehung des Bösen zulassen? Er hätte sogar wissen müssen, dass Adam und Eva von dem Apfel essen werden. Zur Frage nach der Herkunft des Bösen gibt es einen sehr guten, kurzen Text unter der Internet-Adresse:
[Die Seite gibt es leider nicht mehr, ist dafür aber auf dieser Seite ein paar Texte weiter als Michls Text zu finden.]
Die Eingriffe Gottes fördern eine Einstellung, die unter dem Namen Fatalismus (Schicksalsgläubigkeit) bekannt ist. Du selber bist ein Vertreter dieser Theorie, da Du bereits zweimal das Beispiel vom 'fallenden Haar' gebracht hast (Zitat: 'wenn uns kein Haar vom Haupt fällt ohne seinen Willen'). Deiner Ansicht nach geschieht nichts, ohne dass Gott seine Finger im Spiel hat.

Nun komme ich noch auf die Evolutionstheorie zu sprechen. (Es geht jetzt nicht um einen Beweis derselben, sondern nur um die daraus resultierenden Folgen in der Denkweise.) Auch hier steht natürlich Gott am Anfang. Er hat das Universum erschaffen. Doch er hat es irgendwie geschafft, alles nach einem selbst für ihn zufälligen Muster entstehen zu lassen. Es entstand alles im Laufe von unendlich vielen Jahren. Die Sterne, die Erde, das Leben auf der Erde. So entstanden positive wie negative Seiten. Dies ist eine Folge der Natur. Selbst Krankheiten konnten sich entwickeln. Du erkennst bestimmt schon den Unterschied. All das Leid und die Krankheiten sind nicht von Gott. Im Gegenteil, er beginnt sich selbst ins Spiel zu bringen. Erst in einem kleinen Landabschnitt. Und als die Welt bereit dazu ist, schickt er uns Jesus. Du siehst, wie das Bild des liebenden Gottes entsteht, von dem ich so gerne rede.

Du hattest auch einmal gefragt, ob ich an den Teufel, den Satan glaube. Nein, das tue ich nicht. Ebenso wie ich nicht an Engel glaube. Der Mensch kann fehlerhaft sein. Doch was soll ich von Gott halten, wenn er die Engel so unvollkommen schafft, dass sie ihre eigenen Wege gehen können?

Zur Geschichte Ijobs wollte ich noch anmerken: Wer hat eigentlich Protokoll geführt, als Gott Ijob lobte?
Zum Fatalismus: Dieser widerspricht der Freiheit, die Gott uns gegeben hat.

Wie definierst Du eigentlich das Wort heilig?

Die Sache mit den Pharisäern war bestimmt nicht als Kompliment gedacht. Ich habe sogar überlegt, ob ich mit diesem Vergleich nicht zu hart bin. Ein Bekannter von mir sagte, er würde sogar eher den Vergleich zu den Essenern herstellen. Er hat es sogar etwas deutlicher dargestellt: "Er [also Du] macht Gott genau zu dem, was er im AT ist: ein Stammesgott, der territoriale Ansprueche geltend macht und ueber sein Volk hinaus keine Gueltigkeit besitzt. Viva Teutates, Baal, Vishnu, Artemis, Osiris ..."
Ich bleibe beim Vergleich mit den Pharisäern. Dass Du kein Heuchler bist, will ich mal hoffen. In einer Überlieferung des Jerusalemer Talmuds steht folgendes (Kidduschin 40b):
"Sieben Pharisäer gibt es: den Schulter-Pharisäer, der vor aller Welt seine Frömmigkeit zur Schau trägt, den Nachlese-Pharisäer, der immer noch ein Gebot zu erfüllen zu müssen meint, den Ausgleich-Pharisäer, der gute und böse Handlungen verrechnet, indem er Sünden begeht und danach Gesetze erfüllt, den Sparsamkeits-Pharisäer, der damit prahlt, sich alles abzusparen, um gute Werke zu verrichten, den Schuld-Pharisäer, der die Leute auffordert, ihm die von ihm begangenen Sünden anzugeben; aber dann den Pharisäer, der das Gute in der Furcht vor Gott tut, wie Ijob, und der Pharisäer, der das Gute aus Liebe zu Gott tut, wie Abraham."
Auf Dich trifft jedenfalls der Nachlese-Pharisäer zu. Vermutlich auch der Pharisäer, der das Gute in der Furcht vor Gott tut.
Eine Legende zu den Pharisäern:
Die Schriftgelehrten trafen eine Entscheidung g e g e n eine himmlische Stimme und beriefen sich dabei auf das Wort: 'Es (das Gesetz) ist nicht im Himmel' (Dtn 30,12). Die himmlische Stimme antwortete darauf: 'Meine Kinder haben mich besiegt.'
Soweit zur uneingeschränkten Bibelgläubigkeit.

Nein, Gott wandelt sich nicht und seine Maßstäbe auch nicht.
Wenn sich Gott nicht wandelt, warum ist er im Neuen Bund dann so anders? (Vorsicht, Fangfrage; denn wenn es der Mensch ist, der sich wandelte ...)

Du machst immer noch den Fehler, die Bibel in sich gegeneinander ausspielen zu wollen.
Dazu bedarf sie meiner Hilfe nicht, das übernimmt sie selber.

Meditation erzeugt zum Beispiel laut unserem Ex-Guru ... Jähzorn.
Diesen Vortrag habe ich auch gehört. Nur ging es dabei um eine sehr spezielle, hinduistische Form der Meditation: Yoga. Man "schaut auf sich selbst", wie Du richtig in Erinnerung hattest. Doch dies hat nichts mit christlicher Meditation zu tun. Diese konzentriert sich auf Gott hin. Bevor Du also über die Meditation urteilst, solltest Du Dich erst einmal damit vertraut machen.

Dann hast Du Kritik an der Heiligen- und Marienverehrung gebracht. Wenn Du Dich genauer mit der katholischen Kirche beschäftigt hättest, dann würdest Du wissen, dass es keine Heiligen- und Marienanbetung gibt. Sicher, manche praktizieren dieses extrem. Doch das hat nichts mit der katholischen Lehrmeinung zu tun. Eine Verehrung gibt es dagegen, da hast Du recht. Ob dies in Bezug auf Maria oder so manchen "Heiligen" notwendig ist, lasse ich mal dahin gestellt. Doch unter anderem Namen gab es dies auch schon im alten Israel. Siehe beispielsweise Henoch, Melchisedek etc.

Soweit also als Reaktion auf Deinen eBrief.

Viele Grüsse,
      Christian

 
 
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