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Hallo Wolfgang!
Deine Antwort auf meine letzten Zeilen kam bei mir sehr deutlich an. Ist Dir bewußt geworden, was Du darin so alles behauptest? Ist Dir klar, dass Du ein sehr eingeschränktes und enges Weltbild vertrittst?
Ich werde in diesem eBrief sehr offen und uneingeschränkt sein.
Eigentlich wollte ich mit dem letzten Schreiben einen Abschluß finden. Dieser ist auch gefunden, denn weder Du kannst an meiner Einstellung etwas ändern noch ich an Deiner. Doch da gibt es Unterschiede. Ich leugne nicht, dass ich Dich von meiner Einstellung überzeugen wollte. Denn ebenso hättest Du mich von Deiner überzeugen können (!), wenn Du widerlegende Argumente hättest bringen können. Nun aber kommt der Unterschied.
Ob Du bereit wärst, auf bessere Argumente zu hören, weiß ich nicht. Was ich aber erkennen konnte ist Dein Mangel an Toleranz. Wenn Du glücklich wirst mit Deiner Einstellung, dann soll es so sein. Eine ähnliche Haltung würde ich von Dir aber auch erwarten. Du kannst Kritik an meiner Einstellung üben, das steht Dir zu. Es steht Dir aber nicht zu, über meinen Lebensweg zu urteilen. Du denkst, Dein Weg sei der einzig richtige. Das ist falsch! Und dies wirst Du akzeptieren müssen.
Diese Deine Sichtweise und Einstellung unterscheidet nur zwischen gut und böse, richtig und falsch, schwarz und weiß. Doch es gibt so viele verschiedene Nuancen, die Du damit völlig ausklammerst. Du läßt nur einzig Deine religiöse Meinung zu.
Dabei wirfst Du mir vor, ich interpretiere die Religion nach meinen Vorstellungen. Aber Gott hat uns einen Verstand gegeben, damit wir über unsere Handlungen nachdenken können, und nicht, um uns stur nach einem Buch aus alter Zeit zu richten.
Natürlich, vieles was in der Bibel steht hat zu seiner Zeit seine Bedeutung gehabt. Und dies gilt zum Teil auch heute noch. Doch alles wandelt sich mit der Zeit. Es ist für Religionen immer problematisch, wenn auf vergangenen Standpunkten beharrt wird. Schau Dir doch die Schwierigkeiten im Islam an, wie schwer sich die Moslems tun, ihre alten Strukturen abzulegen und deshalb solch schwere Anpassungskämpfe in unserer Zeit zu tragen haben.
Ist es Dir bewußt, dass Du mit Deiner Bibel- und Gesetzestreue sehr nahe an der Glaubensweise der Pharisäer und Schriftgelehrten bist? Doch Jesus sagt: "Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und der Pharisäer ..." (Mt 5,20) Er betont, dass er nicht gekommen sei, das Gesetz und die Propheten aufzuheben. Doch Jesus kommt auf uns Menschen mit unseren Bedürfnissen zu sprechen: " Alles, was ihr also von anderen erwartet, das tut auch ihnen! Darin besteht das Gesetz und die Propheten." (Mt 7,12) Die Menschen sind nicht für das Gesetz da, sondern das Gesetz für die Menschen! Zwei Gebote stellt Jesus über alle anderen, die Gottesliebe und die Nächstenliebe. "An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz samt den Propheten." (Mt 22,40) Jeder einzelne Buchstabe der Bibel muß sich daran messen lassen. Sieh in die Bibel, wie oft Jesus den Menschen vor den Gesetzen gesehen hat (z.B. in Sachen Sabbat). Und dies hat er nicht getan, weil er Sohn Gottes ist, sondern weil er uns ein Beispiel geben wollte.
Du wirfst mir mangelnde Bibelkenntnis vor. Ab welchem Zeitpunkt kann sich ein Mensch rühmen, die Bibel zu kennen? Kennst Du die Bibel in- und auswendig? Kein Mensch tut das. Keiner. Und dennoch wirfst Du mir mangelnde Bibelkenntnis vor? Natürlich, es ist so, es wird immer so sein, genauso wie bei Dir und jedem anderen Menschen.
Denn: Es stellt sich anfangs schon allein die Frage, welche Bücher jeder anerkennt. Zudem der hebräische Kanon ja erst 70 Jahre nach dem Tode Jesu entstand.
Du merkst sicherlich, ich bin verärgert, sehr verärgert. Nicht wegen mir alleine. Oh nein. Du könntest mir noch viel mehr vorwerfen, wenn Du willst. Damit kann ich umgehen. Wenn es nur darum ginge, wäre für mich unser Briefwechsel erledigt gewesen. Aber es erregt mich, wenn Du über Menschen und Institutionen urteilst, ohne sie zu kennen und ohne ihren wirklichen Kern begriffen zu haben.
Wie kannst Du Dir zutrauen, über den im letzten eBrief genannten Priester ein Urteil zu fällen, ohne ihn zu kennen? Ich hoffe, dass es nur ein Fehler Deinerseits war und Du Dir der Bedeutung nicht bewußt warst. Andererseits scheinst Du der katholischen Kirche gegenüber nicht gerade zugeneigt zu sein. Und dies wird Deine Ansicht auch prägen. Faszinierend für mich ist die veränderte Perspektive. Normalerweise wird der katholischen Kirche Realitätsferne und eine konservative Einstellung vorgeworfen. Doch im Vergleich zu Freikirchen erscheint mir die katholische Kirche eher liberal. Hier trifft der Satz "päpstlicher als der Papst" zu.
Bist Du Dir dessen bewußt? Du wirst es sicher abstreiten. Doch wenn Du alles gründlich durchdenkst, wirst Du zur selben Ansicht gelangen.
Du stellst CfC als eine überkonfessionelle Vereinigung dar. Doch Du täuschst Dich. Sicher, es kommen Menschen aus den verschiedenen Konfessionen. Aber es herrscht eine Grundmeinung vor, die eine gewisse Norm darstellt. So kommt es schon wieder zu einer Einschränkung. Und Du musst zugeben, dass sich CfC vor allem in freikirchlichen Kreisen bewegt. Wieviele von CfC gehen in die evangelische oder katholische Kirche zum Gottesdienst? Es ist die Einstellung, die Denkweise, die zählt, und nicht die Mitgliedschaft in einer Kirche.
Das ist auch in Ordnung so. Dagegen ist nichts zu sagen, denn jeder Mensch muss seinen eigenen Weg finden und die Gruppe, die zu ihm passt. Aber wir kommen nun wieder zum Absolutheitsanspruch. Der Meinung, den einzig richtigen Weg zum Heil zu kennen.
Wie kannst Du behaupten, dass Meditation etwas falsches wäre? Du führst schon wieder die Bibel an, die für Dich Alibi und Erklärung für alles ist. Aber nur weil in der Bibel die Meditation nicht erwähnt wird, kannst Du sie doch nicht einfach verwerfen. Siehst Du denn nicht, wie viele Menschen durch die Meditation ihren Zugang zu Gott gefunden haben? Es geht hier doch nicht um beispielsweise Yoga, das als Grundstruktur die Wiedergeburt verkörpert. Es geht hier um einen Zugang zu Gott über meditative Techniken. Willst Du denn wirklich sagen, dass einzig der Lobpreis in der Kirche einen Weg darstellt, nur weil dieses Wort mehrmals in der Bibel genannt ist (übrigens ohne genaue Erklärung, wie das damals abgelaufen ist; was da heute praktiziert wird ist einzig der Bezug auf ein Wort, ohne die wahre Vorgehensweise zu kennen; aber auch dies ist ein Weg zu Gott)?
An diesem Freitag ist, wenn ich mich recht entsinne, ein Vortrag, der die Schöpfungsgeschichte der Bibel untermauern soll. Es ist mir noch immer ein Rätsel, wie man dieser längst widerlegten Geschichte noch historische Bedeutung zumessen kann. Da Du an die von Gott inspirierte Bibel glaubst, wirst Du sicherlich auch ein Befürworter des Schöpfungsberichts sein. Mit Argumenten für die Evolutionstheorie brauche ich nicht kommen, dessen bin ich mir bewußt. Du würdest sie einfach als nutzlos und unbedeutend verwerfen, wie Du es kategorisch mit allem nichtbiblischen tust, dass nicht in Dein Konzept passt.
Deshalb werde ich Dir keine Argumente schreiben (die ja in vielen wissenschaftlichen Büchern zu finden sind), sondern Ausschnitte aus dem Buch "Wir sind nicht nur von dieser Welt" von Hoimar von Ditfurth bringen, in dem der Autor unter anderem auf das Verhalten von "Fundamentalisten" eingeht.
Als Wissenschaftspublizist bekommt man in fast regelmäßigen Abständen "antidarwinistische" Aufsätze zugeschickt. In den Begleitbriefen heißt es dann, meist vorwurfsvoll, man habe offenbar einen Autor übersehen, der gegenteiliger Meinung sei, und folglich die Existenz entgegengesetzter Meinungen verschwiegen.
Die Absender derartiger Briefe können als Laien nicht wissen oder erkennen, daß es sich bei den heute mit wissenschaftlichem Anspruch auftretenden "antidarwinistischen" Autoren ausnahmslos um Außenseiter handelt, auch dann, wenn sie promoviert haben oder den Professorentitel tragen.
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Der Fundamentalist, entschlossen, die Realität der Evolution zu bestreiten, weil er (irrtümlich) davon ausgeht, daß sonst Abstriche an seinem religiösen Glauben unumgänglich seien, ...
[Das folgende bezieht sich auf die Untersuchung des molekularen Aufbaus des Cytochroms c, die identische Ergebnisse zeigt wie der mit dem aus fossilen Makrofunden rekonstruierte Stammbaum.]
Wer sich aufgrund seiner Vorurteile gegen die Einsicht sperren will, läßt sich erfahrungsgemäß auch durch diese Argumentation nicht belehren. Seine letzte Ausflucht: Gott habe es in seinem unerforschlichen Ratschluß eben so gefügt, daß die bei den verschiedenen Arten nachweisbaren Enzym-Muster Abweichungen aufwiesen, die so beschaffen seien, daß ihr Vergleich den (irrigen!) Eindruck hervorrufe, die untersuchten Arten seien miteinander verwandt und in der durch den Vergleich vorgetäuschten Reihenfolge nacheinander auf eine ursprünglich gemeinsame Ahnenlinie zurückzuführen.
Sachlich läßt sich gegen diese Behauptung nicht mehr argumentieren. Aber vielleicht ist doch hier die Frage erlaubt, was von einer sich selbst noch als religiös verstehenden Einstellung zu halten ist, die es vorzieht, dem göttlichen Schöpfer eine im konkreten Detail derart konsequent durchgeführte Irreführung zu unterstellen, anstatt die eigene, vorgefaßte Meinung zu korrigieren. ...
"Miracula non sunt multiplicanda" lautet ein bewährtes Prinzip der klassischen Scholastik. Frei übersetzt heißt das: Man suche nicht nach Wundern, wenn sich eine natürliche Erklärung anbietet. Oder, mit den Worten Martin Luthers: "Wir dürfen Gott nicht da suchen, wo wir ihn zu finden wünschen, sondern allein dort, wo er sich uns zu offenbaren geruht."
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An der Tatsache der biologischen Stammesgeschichte ist also kein vernünftiger Zweifel mehr möglich. ... Es ist fast müßig zu sagen, daß sich andererseits natürlich und mit der gleichen Selbstverständlichkeit auch heute noch einzelne exzentrische Außenseiter vorweisen lassen, die der gegenteiligen Ansicht sind -oder sie jedenfalls vertreten. ... Hier sei nur für den Nichtwissenschaftler schon klargestellt, daß die bloße Existenz dieser Außenseiter kein Argument darstellt. Die einzigen, die sie in der heutigen Wissenschaft noch ernst nehmen, sind sie selbst.
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Mit dem Begriff des Vitalismus wird eine geistige Position bezeichnet, die alle Lebensvorgänge, insbesondere die Entstehung der ersten Lebensformen für naturwissenschaftlich grundsätzlich unerklärbar hält. ... Zwar befinden sie (die Vitalisten) sich seit mehr als 100 Jahren permanent auf dem Rückzug, doch das tut ihrer Hartnäckigkeit keinen Abbruch.
Die Praxis zeigt, daß sich ein überzeugter Vitalist nur millimeterweise und immer erst dann zurückzieht, wenn die Fakten schließlich unabweisbar auf dem Tisch liegen.
Nun ist, und kein Biologe wird das bestreiten, der konkrete Beweis für die Natürlichkeit der Entstehung des Lebens auf der Erde, also den spontanen, von den uns bekannten Naturgesetzen gesteuerten Übergang von toter zu lebendiger Materie, bisher noch keineswegs lückenlos geführt. In dem Bild, das die Wissenschaftler in geduldiger Arbeit zusammenzusetzen begonnen haben, fehlt noch immer eine ganze Reihe wichtiger Mosaiksteine. Die Vitalisten saugen daraus unverdrossen ihren Honig. Die Umrisse des Bildes sind aber schon recht gut zu erkennen, und der nächste Rückzug ist vorhersehbar.
... Es ist im ersten Augenblick kaum zu verstehen, ... warum der monotone Text des Vitalisten ungeachtet seiner seit mehr als 100 Jahren zu verfolgenden millimeterweisen Widerlegung in Laienkreisen bis auf den heutigen Tag nicht geringen Zuspruch findet.
Die wichtigste Erklärung besteht wohl darin, daß der Vitalist seine Position als religiöse Position ausgibt. Er nimmt für sich in Anspruch, die religiöse Deutung der Welt gegen das Vordringen der "materialistischen" Wissenschaft zu verteidigen. In dem Maße, in dem es ihm gelingt, diesen Eindruck zu verbreiten, findet er (verständlicherweise) Anklang.
Aber die Behauptung, daß ein wissenschaftlich erklärter Sachverhalt aufhöre, möglicher Gegenstand der Bewunderung, auch der religiösen Bewunderung, zu sein, ist unsinnig. ... Sie (die vitalistische Position) führt uns ebenso unweigerlich auch zu einer höchst fragwürdigen Theologie. Denn religiöse Aussagen beziehen sich auch auf den wirklichen Menschen und die wirkliche Welt. Wer den Menschen oder das Bild der Welt dadurch verfälscht, daß er Erkenntnisse unterdrückt, die ihre Wirklichkeit präziser zu erfassen gestatten, der verfälscht daher unvermeidlich auch den Gehalt der religiösen Aussagen, die sich ebenfalls auf diesen Menschen und auf diese Welt beziehen.
Soweit zu Hoimar von Ditfurth. Ich weiß, Du wirst den zitierten Satz von Luther anders deuten, da Du noch an die Unfehlbarkeit der Bibel glaubst. Aber irgendwann wirst Du Dich der Tatsache stellen müssen, dass die Bibel von der Geschichte Israels erzählt, von Menschen geschrieben wurde und deshalb auch viele Legenden und menschliche Erklärungsversuche mit eingeflossen sind. Du kannst Dich auch weiterhin weigern, dies sehen zu wollen. Doch ob es richtig ist, die Augen vor der Wahrheit zu verschliessen, ist die Frage.
Dazu noch ein Zitat der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der deutschen (katholischen) Bischöfe, das der Schrift "Handeln für die Zukunft der Schöpfung" entstammt: 'Die Urgeschichten des Alten Testamentes haben die Form von "Anfangserzählungen", die nicht über ein historisches Geschehen berichten, sondern in exemplarischer Weise Grundzüge der menschlichen Lebenssituation schildern.'
In einem der eBriefe meintest Du, ich solle Dir Bibelstellen nennen, in denen es zu Widersprüchen kam. Es würde für Dich eine Herausforderung darstellen. Nun, der Schöpfungsbericht wäre ein Widerspruch, aber mehr in Bezug auf das heutige Wissen und nicht auf die Bibel. Aber es gibt viele. Zum Beispiel viele der Prophezeiungen, die so nicht eingetreten sind (wenn Du meine Homepage gründlich gelesen hast, dann weißt Du auch, welche ich meine). Oder auch der Widerspruch des Wortes "Schwerter zu Pflugscharen" - "Pflugscharen zu Schwertern".
Noch etwas zu Deiner Beruhigung. Ich habe geschrieben, dass auch Du einen Beitrag dazu gegeben hast, die Meinung zu finden und zu festigen, die ich jetzt gewonnen (!) habe. Deiner Reaktion entnehme ich Deine Befürchtung, Du könntest mich auf einen falschen Weg gebracht haben. Doch dies hättest Du nicht schaffen können; jeder Mensch ist für sich selber verantwortlich.
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Soweit der Brief. Es gibt eigentlich nicht mehr viel anzufügen. Aber es geht noch etwas ab.
Du solltest Dir einmal bewußt machen, daß Gott in jedem Menschen spricht. In den letzten Briefen hast Du das abgelehnt. Nun, ich habe darüber nachgedacht und versucht es anders zu sehen. Doch ich komme immer und einzig zu dem Schluß: Gott spricht in allen Menschen. Er versucht jeden zu erreichen. Es ist völlig egal, wer der Mensch ist.
Vielleicht hört der Mensch ihn nicht, dies schließt aber nicht eine Umarmung Gottes aus.
Gott ist viel größer, als wir es uns vorstellen können. Aber wir würden Gott in ein kleines Schema pressen, wenn wir ihn nur für uns selber beanspruchen würden. Doch Gottes Liebe zum Menschen ist umfassender.
Ich möchte aus dem Buch "Zu Gast auf einem schönen Stern" vom Helmut Thielicke zitieren. Herr Thielicke hatte keinen leichten Stand während des Nationalsozialismus, hätte also leicht in Gram, Zorn und Verachtung gegen jeden und alles zu dieser Zeit sein können. Und auch später hätte diese Wut noch in ihm eingefressen sein können. Doch er schreibt über ein Erlebnis mit einer Mutter, die sehr der Ideologie verfallen war:
"Ehe ich mit ihr ins Lazarett ging, gestand sie mir noch mit Zagen, ihr Sohn habe vor einigen Tagen die Wärmflasche nach dem Kruzifix in seinem Zimmer geschmissen. Ihr war das unheimlich, und ich tröstete sie, daß der Gekreuzigte selbst die, die wider ihn waren und vielleicht nicht "wußten, was sie taten", stets mit Liebe umfangen habe."
Spürst die Gewißheit in diesen Worten? Dieses große Vertrauen in Gottes Güte? Wenn schon ein Mensch so mit "Gegnern" umgehen kann, wie wird dann erst Gott mit uns umgehen.
Wichtig ist und bleibt erst nur die Liebe. Das ist der Anfang und der zentrale Punkt.
Dies ist auch die Kritik an der besagten Predigt von David Wilkerson. Er geht von der Sünde aus. Doch dies ist der falsche Zugang. Einzig die Liebe zählt als Ausgangsspunkt.
Ich kritisierte übrigens mit keinem Wort den Menschen Wilkerson, sondern einzig diese eine Predigt. Denn viel mehr kenne ich von ihm nicht, und es wäre falsch, einen Menschen zu beurteilen, ohne ihn wirklich zu kennen.
Er setzt in dieser Predigt den falschen Schwerpunkt. Er zählt die Leiden dieser Welt auf und folgert daraus, dass dies am mangelnden Gottesglauben liegen würde. Er betont die Sünde. Natürlich hat jeder Mensch seine Handlungsweisen zu überdenken und zu versuchen, sich zu bessern. Ich habe Dir auch geschrieben, dass ich die Sünden nicht verniedlichen will.
Aber solche Predigten wie die besagte führen nicht zu Gott. Oh nein. Im Gegenteil. Wenn jemand nur vorgesagt bekommt, wenn du dies oder jenes tust, so wird dich Gott fürchterlich bestrafen, dann bekommt dieser Mensch Angst.
Genau so waren die Predigten bis zum Konzil auch in der katholischen Kirche. Hast Du jemals einen älteren Menschen über das Verhältnis zu Gott gehört? Es ist von ANGST geprägt. Angst!
Dabei ist das das letzte, was Gott will. Denn Gott will die Liebe.
Nur der Mensch zählt die Sünden auf. Gott sagt nur: Komm zu mir. Ich vergebe Dir die Vergangenheit. Laß uns nicht mehr darauf schauen, sondern zusammen neu beginnen. (Siehe auch die Geschichte vom verlorenen Sohn, die ich mehrmals erwähnte.)
Der Mensch jedoch ist grausam. Denke an die Geschichte, in der Jesus über die Ehebrecherin urteilen soll. Die Leute bringen ihm die Frau, zeigen auf sie und ihre Sünde. Und sie wollen eine schwere Strafe. Doch Jesus sagt am Ende nur: "Geh, und sündige von jetzt an nicht mehr." Er macht keine Vorwürfe, er belehrt sie nicht, er droht ihr keine Strafe an. Sondern er verzeiht ihr einfach. Spürst Du die Liebe in dieser Handlungsweise?
Weißt Du, was ich Dir mit all diesen Erzählungen sagen will? Ich verlange nur eines von Dir: Toleranz.
Du kannst Deinen Glauben so leben, wie Du es für richtig hältst. Du kannst das Verhältnis zu Gott aufrechterhalten, wie es Dir als gut erscheint.
Doch daneben hat die Liebe zum Nächsten zu stehen. Ihm nichts überstülpen zu wollen. Du kannst erklären, aber nicht drohen.
Ist Dir dies aufgefallen? Du hast - besonders im letzten eBrief - den Zeigefinger gehoben und gesagt "Gott wird ...".
Gott liebt Dich. Gott liebt jeden Menschen. Er umfängt auch Dich.
Und um den Bogen zu schließen ...
Er fragt auch Dich: Wie kann ich Dir helfen? Was kann ich für Dich tun? Wer bin ich für Dich?
Ein langer Brief, ich weiß. Du mußt auch nicht darüber nachdenken, wenn Du nicht willst. Dies steht Dir frei.
Viele Grüße
Christian
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