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Brief vom 26.03.1999
Hallo Christian,
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alle Achtung, Du machst Dir echt Mühe! Kaum geantwortet, ist schon die nächste Mail da... Puh, allerdings war ich ja noch gar nicht mit dem Beantworten der letzen Mail fertig, deswegen werde ich jetzt erst mal diese hier fertig machen und dann noch auf die neue eingehen. Ich muß schon sagen, Du hast irgendwie ein sehr komisches Bild von mir und meinen Ansichten entwickelt... Aber dazu später mehr.
| entwickelt: Wie gesagt, da hat er wohl recht.
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An diesem Freitag ist, wenn ich mich recht entsinne, ein Vortrag, der die Schöpfungsgeschichte der Bibel untermauern soll. Es ist mir noch immer ein Rätsel, wie man dieser längst widerlegten Geschichte noch historische Bedeutung zumessen kann.
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Tja, da befindest Du Dich leider im Irrtum. Ich nehme an, die Beweise für diese Widerlegung soll die Evolutionstheorie liefern - die aber noch nie bewiesen wurde und auch nie bewiesen werden kann. Das kommt jetzt aus der Wissenschaftstheorie, man kann nämlich eine Theorie nie beweisen, sondern nur widerlegen bzw. falsifizieren. (Da muß man ein bißchen drüber nachdenken, dann versteht man es. Ein Autor dazu wäre z.B. Karl Popper.) Weiterhin zeichnet sich eine Theorie dadurch aus, daß man mit ihr Vorhersagen machen kann (sonst wäre sie wertlos), die sich im Versuch bestätigen. Das funktioniert bei der Evolution nun schon allein wegen der erforderlichen gigantischen Zeiträume nicht.
| nie bewiesen: Die Beweisführung ist immerhin stichhaltiger als die der Schöpfungstheorie. Seine Aussage ist insgesamt natürlich sehr praktisch. Die Evolutionstheorie kann nie endgültig und in allen Einzelheiten bewiesen werden; dann brauche ich mich also auch nicht weiter darum sorgen und kann fröhlich weiterleben. Tralala. Ich könnte mich darauf einlassen und ihn bei dieser Sache ernst nehmen, wenn er in Bezug auf die Bibel die gleichen Maßstäbe wie bei der Evolutionstheorie verwenden würde.
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Da Du an die von Gott inspirierte Bibel glaubst, wirst Du sicherlich auch ein Befürworter des Schöpfungsberichts sein. Mit Argumenten für die Evolutionstheorie brauche ich nicht kommen, dessen bin ich mir bewußt. Du würdest sie einfach als nutzlos und unbedeutend verwerfen, wie Du es kategorisch mit allem nichtbiblischen tust, dass nicht in Dein Konzept passt.
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Na na, wer hat Dir den das verraten? Und wer urteilt hier?? Sei ein bißchen vorsichtiger mit Äusserungen über mich und meine Ansichten! Von dem bißchen, was Du von mir weißt, kannst Du dir bestimmt noch kein umfassendes Bild machen. Wie schräg dein Bild von mir ist, wird hoffentlich noch in der Antwort auf die "schöpfung, pharisäer, ..."-mail deutlich.
| in der Antwort: Da bin ich jetzt schon neugierig, auf was er hinaus will. Denn in diesem eBrief habe ich, glaube ich, nur eine Wertung in Bezug auf die Pharisäer gemacht. Und in dieser Hinsicht liege ich meines bisherigen Wissens aus den verschiedenen eBriefen richtig.
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Deshalb werde ich Dir keine Argumente schreiben (die ja in vielen wissenschaftlichen Büchern zu finden sind), sondern Ausschnitte aus dem Buch "Wir sind nicht nur von dieser Welt" von Hoimar von Ditfurth bringen, in dem der Autor unter anderem auf das Verhalten von "Fundamentalisten" eingeht.
Als Wissenschaftspublizist bekommt man in fast regelmäßigen Abständen "antidarwinistische" Aufsätze zugeschickt. In den Begleitbriefen heißt es dann, meist vorwurfsvoll, man habe offenbar einen Autor übersehen, der gegenteiliger Meinung sei, du folglich die Existenz entgegengesetzter Meinungen verschwiegen. Die Absender derartiger Briefe können als Laien nicht wissen oder erkennen, daß es sich bei den heute mit wissenschaftlichem Anspruch auftretenden "antidarwinistischen" Autoren ausnahmslos um Außenseiter handelt, auch dann, wenn sie promoviert haben oder den Professorentitel tragen.
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Der Fundamentalist, entschlossen, die Realität der Evolution zu bestreiten, weil er (irrtümlich) davon ausgeht, daß sonst Abstriche an seinem religiösen Glauben unumgänglich seien,
Das stimmt. Ich werde das Dir weiter unten noch beweisen.
... [Das folgende bezieht sich auf die Untersuchung des molekularen Aufbaus des Cytochroms c, die identische Ergebnisse zeigt wie der mit dem aus fossilen Makrofunden rekonstruierte Stammbaum.]
Wer sich aufgrund seiner Vorurteile gegen die Einsicht sperren will, läßt sich erfahrungsgemäß auch durch diese Argumentation nicht belehren. Seine letzte Ausflucht: Gott habe es in seinem unerforschlichen Ratschluß eben so gefügt, daß die bei den verschiedenen Arten nachweisbaren Enzym-Muster Abweichungen aufwiesen, die so beschaffen seien, daß ihr Vergleich den (irrigen!) Eindruck hervorrufe, die untersuchten Arten seien miteinander verwandt und in der durch den Vergleich vorgetäuschten Reihenfolge nacheinander auf eine ursprünglich gemeinsame Ahnenlinie zurückzuführen.
Auf das kann ich nicht eingehen, ich weiß nicht, was er da beweisen will.
Sachlich läßt sich gegen diese Behauptung nicht mehr argumentieren. Aber vielleicht ist doch hier die Frage erlaubt, was von einer sich selbst noch als religiös verstehenden Einstellung zu halten ist, die es vorzieht, dem göttlichen Schöpfer eine im konkreten Detail derart konsequent durchgeführte Irreführung zu unterstellen, anstatt die eigene, vorgefaßte Meinung zu korrigieren. ... "Miracula non sunt multiplicanda" lautet ein bewährtes Prinzip der klassischen Scholastik. Frei übersetzt heißt das: Man suche nicht nach Wundern, wenn sich eine natürliche Erklärung anbietet. Oder, mit den Worten Martin Luthers: "Wir dürfen Gott nicht da suchen, wo wir ihn zu finden wünschen, sondern allein dort, wo er sich uns zu offenbaren geruht."
Gerade in der Schöpfung tut er das ja... (Römer 1, soviel ich weiß)
... An der Tatsache der biologischen Stammesgeschichte ist also kein vernünftiger Zweifel mehr möglich.
Und ob!
... Es ist fast müßig zu sagen, daß sich andererseits natürlich und mit der gleichen Selbstverständlichkeit auch heute noch einzelne exzentrische Außenseiter vorweisen lassen, die der gegenteiligen Ansicht sind -oder sie jedenfalls vertreten. ... Hier sei nur für den Nichtwissenschaftler schon klargestellt, daß die bloße Existenz dieser Außenseiter kein Argument darstellt. Die einzigen, die sie in der heutigen Wissenschaft noch ernst nehmen, sind sie selbst.
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Merkst Du, wie er mit den Meinungen anderer umgeht?
| Von Ditfurth formuliert es sehr hart. Im Kern ist seine Aussage jedoch zutreffend.
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... Mit dem Begriff des Vitalismus wird eine geistige Position bezeichnet, die alle Lebensvorgänge, insbesondere die Entstehung der ersten Lebensformen für naturwissenschaftlich grundsätzlich unerklärbar hält. ... Zwar befinden sie (die Vitalisten) sich seit mehr als 100 Jahren permanent auf dem Rückzug, doch das tut ihrer Hartnäckigkeit keinen Abbruch. Die Praxis zeigt, daß sich ein überzeugter Vitalist nur millimeterweise und immer erst dann zurückzieht, wenn die Fakten schließlich unabweisbar auf dem Tisch liegen. Nun ist, und kein Biologe wird das bestreiten, der konkrete Beweis für die Natürlichkeit der Entstehung des Lebens auf der Erde, also den spontanen, von den uns bekannten Naturgesetzen gesteuerten Übergang von toter zu lebendiger Materie, bisher noch keineswegs lückenlos geführt. In dem Bild, das die Wissenschaftler in geduldiger Arbeit zusammenzusetzen begonnen haben, fehlt noch immer eine ganze Reihe wichtiger Mosaiksteine. Die Vitalisten saugen daraus unverdrossen ihren Honig. Die Umrisse des Bildes sind aber schon recht gut zu erkennen, und der nächste Rückzug ist vorhersehbar.
... Es ist im ersten Augenblick kaum zu verstehen, ... warum der monotone Text des Vitalisten ungeachtet seiner seit mehr als 100 Jahren zu verfolgenden millimeterweisen Widerlegung in Laienkreisen bis auf den heutigen Tag nicht geringen Zuspruch findet. Die wichtigste Erklärung besteht wohl darin, daß der Vitalist seine Position als religiöse Position ausgibt. Er nimmt für sich in Anspruch, die religiöse Deutung der Welt gegen das Vordringen der "materialistischen" Wissenschaft zu verteidigen. In dem Maße, in dem es ihm gelingt, diesen Eindruck zu verbreiten, findet er (verständlicherweise) Anklang. Aber die Behauptung, daß ein wissenschaftlich erklärter Sachverhalt aufhöre, möglicher Gegenstand der Bewunderung, auch der religiösen Bewunderung, zu sein, ist unsinnig. ... Sie (die vitalistische Position) führt uns ebenso unweigerlich auch zu einer höchst fragwürdigen Theologie. Denn religiöse Aussagen beziehen sich auch auf den wirklichen Menschen und die wirkliche Welt. Wer den Menschen oder das Bild der Welt dadurch verfälscht, daß er Erkenntnisse unterdrückt, die ihre Wirklichkeit präziser zu erfassen gestatten,
??? Präziser, wenn anstelle des Willens eines Gottes zahllose blinde Zufälle notwendig werden???
der verfälscht daher unvermeidlich auch den Gehalt der religiösen Aussagen, die sich ebenfalls auf diesen Menschen und auf diese Welt beziehen.
Ich könnte einiges dazu schreiben, aber ich denke, das lohnt sich nicht besonders.
Hier nur kurz zusammengefasst mein Standpunkt zum Thema Evolution:
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Das Problem bei dem Ganzen ist, daß kein Mensch mit diesem Thema neutral umgeht. Wenn nämlich die Evolution als Irrtum entlarvt würde, dann bliebe als einzige Alternative nur die Schöpfung. Und das möchten die Menschen nicht, sie wollen in der Illusion der Selbstbestimmung, der Unabhängigkeit leben. Wer daher nicht an Gott glauben will, wird sich mit aller Macht an die Evolutionstheorie klammern. Es findet somit keine kritische Auseinandersetzung mit ihr statt (von Seiten der '"offiziellen" Wissenschaft), da unserer ganzes Weltbild materialistisch geprägt ist, die Wissenschaft ohne Gott funktioniert .
| nur die Schöpfung: Das ist richtig. Doch momentan ist sehr zu bezweifeln, dass diese Beweisführung möglich wäre.
[Ein Trugschluß wäre jedenfalls, dass eine Widerlegung der Evolutionstheorie plötzlich zu mehr Glauben führen würde. Bereits vor 2000 Jahren gab es viele Ungläubige, egal um welche Religion es ging ... nur gab es zu jener Zeit noch nicht die Evolutionstheorie.]
an die Evolutionstheorie klammern: Oh nein. Die Evolutionstheorie zeigt im Gegenteil die Größe Gottes sehr deutlich. Natürlich kann bei oberflächlicher Betrachtung die irrige Ansicht entstehen, dass hinter der Evolution (also der Entstehung und Entwicklung des Universums) kein Gott steht. Doch jeder, der dies alles durchdenkt, kommt an dieser Tatsache nicht vorbei.
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Das hat Folgen. "Beweise" für die Evolutionstheorie (und für "Irrtümer" der Bibel) erscheinen bei den Zeitungen auf Seite 1, die Widerlegung irgendwann später klein auf Seite 10 links unten. Die öffentliche Meinung erfährt somit keine Korrektur bzw. werden die wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht objektiv dargestellt. Ein Beispiel dafür wäre die erste Entstehung organischer Materie. Ursprünglich (nach dem Urknall) wäre ja alles anorganisch, also muß für die Entstehung des Lebens erst mal organisches Material her. Nun meinten einige Wissenschaftler, im Labor diesen Prozeß bewiesen zu haben. Man hat die Uratmosphäre, die Ursuppe usw. (wie man sich das halt vorstellte (!), keiner weiß genau, wie die wirklich ausgesehen hat) nachgestellt und Blitze (elektrisch) nachgeahmt und es sind tatsächlich organische Substanzen entstanden. Das war natürlich eine Sensation, denn gerade dieser Punkt war einer der größten Schwachpunkte der Evolutionstheorie. Endlich bewiesen, daß es funktioniert!
| nicht objektiv: Wenn es tatsächlich einen überzeugenden Beweis gäbe, dann könnte er nicht zurückgehalten werden. So etwas würde sich herumsprechen. Tatsache ist jedoch, dass es so etwas bisher (noch?) nicht gibt. Meiner Ansicht nach auch nie geben wird (dem bisherigen Wissen nach). Doch ich lasse mich auch vom Gegenteil überzeugen ...
es funktioniert: Und wenn genau dies der Punkt wäre, an dem Gott eingegriffen hat? Oder: Weshalb sollte nur und ausgerechnet auf der Erde Leben entstanden sein?
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Den Gegenbeweis habe ich irgendwann später per "Zufall" erfahren. Es stimmt zwar, daß organische Substanzen entstehen, aber die falschen bzw. ein Gemisch von vielen. Damit aber der Prozeß der ersten Eiweißentstehung weiter geht, braucht es bestimmte Konzentrationen bestimmter Stoffe. Die waren nun nicht vorhanden und die "richtigen" Stoffe waren auf nicht stabil, d.h. sie zerfielen zu schnell wieder. Heute führt kein echter Wissenschaftler mehr dieses Experiment als Beweis an, es ist allgemein anerkannt (offiziell!), daß es so nicht klappt. Aber die Öffentlichkeit glaubt es weiter! Sogar ein Professer von unserem Studiengang noch!
Soweit ein (sehr starkes) Gegenargument zur Evolution. Ein weiteres wäre das "missing link" Problem, das immer noch nicht gelöst ist. Überlege es Dir: Von den ganzen zahllosen Übergängen zwischen den Arten existiert kein einziger Fund!
Weiter widerspricht sich die Evolutionstheorie selbst: Es überleben angeblich die Spezies (bzw. pflanzen sich fort), die sich besser angespasst haben, irgendwelche Vorteile haben. Wenn nun ein Fisch (perfekt angepaßt) sich zum Landtier entwickeln soll, so hat er angeblich seine Flossen zuerst zum "laufen" benutzt und diese haben sich dann angepaßt. Damit ist er aber nicht mehr perfekt an seine ursprünglich Umgebung angepaßt, an das Land erst recht nicht und müßte nach den Regeln der Evolution also aussterben.Noch ein Problem, auf das ich erst kürzlich aufmerksam geworden bin: Die ersten Bakterien haben sich von "spärlich vorhandener organischer Masse" in den Weltmeeren ernährt, bis die Pflanzen kamen. Das ist ein Energieproblem, es ist immer noch so, daß die Pflanzen über die Photosyntese die gesamte (bis auf Solar/Wind/Wasser/Kern-Energie) Energie bzw. Nahrung erzeugen, die wir verbrauchen. Hast du eine Ahnung, wie unglaublich kompliziert die Photosynthese ist? Wir haben heute noch gar nicht einmal vollständig verstanden, wie sie funktioniert! Aber damals ist sie aus dem Nichts, per Zufall, enstanden... (Das widerspricht wiederum dem Entropiesatz der Physik).
usw. usf. Es gibt endlos Gegenpunkte zur Evolution, die von der Wissenschaft nicht glaubwürdig widerlegt werden können. Im Zweifelsfall muß halt immer der Zufall herhalten... Nur nebenbei: Kein Wissenschaftler würde derart viele Zufälle in einer wissenschaftliche Theorie zulassen, er würde bei Aufstellung einer solchen nur ausgelacht werden - außer es geht um Evolution...
Aber meine Hauptgegenpunkte sind andere, weltanschauliche. Das beste Gegenargument, daß ich je gehört habe (nicht von mir, von Prf. Scheerer) war folgendes: Nach der Evolutionstheorie ist der Tod der Motor des Fortschrittes, ohne ihn gibt es keine Verbesserung. Nach der Bibel ist der Tod aber eine Störung in der Schöpfung, der erst mit dem Sündenfall in die Welt gekommen ist und der eines Tages auch wieder entfernt wird (Offb. "Der letzte Feind, der hinweg getan wird, ist der Tod).
Damit ist auch klar, daß eine Schöpfung durch Evolution nicht möglich ist, da der Tod erst nach Vollendung der Schöpfung in die Welt kam.
Wir erklärst Du den Tod?
Zweitens (von mir, fiel mir kürzlich ein): Die Evolution ist eigentlich ein "trial and error"- Geschehen, es entstehen zufällig Mutationen, die guten bleiben erhalten. Das wiederspricht der Allmacht Gottes, wenn etwas ohne seinen Willen geschehen könnte, dann wäre seine Macht eingeschränkt. Damit erst mal genug dazu...
Soweit zu Hoimar von Ditfurth. Ich weiß, Du wirst den zitierten Satz von Luther anders deuten, da Du noch an die Unfehlbarkeit der Bibel glaubst.
Keine Chance, daß ich mich da ändere. Wenn ich Fehler in der Bibel (in dem Umfang, wie Du das meinst) zulasse, reduziere ich Gott in seiner Allmacht. Und an einem eingeschränkten Gott habe ich wie gesagt kein Interesse. Aber Gott sei Dank :) ist er doch allmächtig...
Aber irgendwann wirst Du Dich der Tatsache stellen müssen, dass die Bibel von der Geschichte Israels erzählt, von Menschen geschrieben wurde
Das bestreite ich nicht.
und deshalb auch viele Legenden und menschliche Erklärungsversuche mit eingeflossen sind.
Das behauptest Du.
Du kannst Dich auch weiterhin weigern, dies sehen zu wollen. Doch ob es richtig ist, die Augen vor der Wahrheit zu verschliessen, ist die Frage.
Wer beweist Dir diese "Wahrheit"? Dein gesunder Menschenverstand? Hatten wir nicht schon mal den Punkt, daß Gott größer ist, als wir uns da je vorstellen könnten?
Dazu noch ein Zitat der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der deutschen (katholischen) Bischöfe, das der Schrift "Handeln für die Zukunft der Schöpfung" entstammt: „Die Urgeschichten des Alten Testamentes haben die Form von "Anfangserzählungen", die nicht über ein historisches Geschehen berichten, sondern in exemplarischer Weise Grundzüge der menschlichen Lebenssituation schildern.“
Die Aussagen der Kommission haben für mich keine Relevanz in dem Sinne - woher haben sie ihr Wissen? Sie sind auch nur Menschen wie Du und ich...
In einem der eBriefe meintest Du, ich solle Dir Bibelstellen nennen, in denen es zu Widersprüchen kam. Es würde für Dich eine Herausforderung darstellen. Nun, der Schöpfungsbericht wäre ein Widerspruch, aber mehr in Bezug auf das heutige Wissen und nicht auf die Bibel.
Dazu habe ich oben schon einiges gesagt..
Aber es gibt viele. Zum Beispiel viele der Prophezeiungen, die so nicht eingetreten sind (wenn Du meine Homepage gründlich gelesen hast, dann weißt Du auch, welche ich meine). Oder auch der Widerspruch des Wortes "Schwerter zu Pflugscharen" - "Pflugscharen zu Schwertern".
Hast Du schon mal die auf die Prophezeihungen geschaut, die eingetreten sind? Allein die über Jesus? Wie detailliert sein Leben schon Jahrhunderte vorher beschrieben wurde? Wie erklärst Du das?
(Ich weiß, daß ich damit nicht direkt auf dich eingehe. Mein Vorschlag: Schreibe diese Widersprüche mal detailliert auf, Ostern fahre ich heim und dann kann ich sie meinem Vater/Opa vorlegen. Ich selbst habe wie gesagt nicht diese Bibelkenntnis wie sie und auch wegen der Diplomarbeit nicht die nötige Zeit zum Nachforschen).
Noch etwas zu Deiner Beruhigung. Ich habe geschrieben, dass auch Du einen Beitrag dazu gegeben hast, die Meinung zu finden und zu festigen, die ich jetzt gewonnen (!) habe. Deiner Reaktion entnehme ich Deine Befürchtung, Du könntest mich auf einen falschen Weg gebracht haben. Doch dies hättest Du nicht schaffen können; jeder Mensch ist für sich selber verantwortlich.
Wie kann dann der "gut" geborene Mensch zum Bösen verführt werden?
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Soweit der Brief. Es gibt eigentlich nicht mehr viel anzufügen. Aber es geht noch etwas ab.
Du solltest Dir einmal bewußt machen, daß Gott in jedem Menschen spricht. In den letzten Briefen hast Du das abgelehnt.
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Was meinst Du damit, daß Gott in jedem Menschen spricht?
| Mein Lieblingsbibelspruch aus dem Buch Jeremia 31,33 macht das deutlich: "Ich lege mein Gesetz in sie hinein und schreibe es auf ihr Herz." Gott hat jedem die Anlage zum Guten ins Herz gelegt, ob er nun die Chance hatte, ihn kennenzulernen oder "nur" seine Liebe in sich spürt.
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Nun, ich habe darüber nachgedacht und versucht es anders zu sehen. Doch ich komme immer und einzig zu dem Schluß: Gott spricht in allen Menschen. Er versucht jeden zu erreichen. Es ist völlig egal, wer der Mensch ist.
Das stimmt.
Vielleicht hört der Mensch ihn nicht, dies schließt aber nicht eine Umarmung Gottes aus.
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Trotzdem muß er die Folgen seines Handelns tragen - dazu vielleicht mehr im nächsten Mail, heute schaffe ich es leider nicht mehr.
| Nein, nein, Wolfgang. Du denkst immer nur negativ. Keine Frage, letztlich wird jeder nach den eigenen Taten beurteilt. Aber Du gehst immer vom Bösen aus. Ich gehe vom Guten im Menschen aus. Das ist der einzige Ansatz, der zählt. Genau das meinte Michl mit dem Stammesgott. Aber das ist unser Gott nicht. Es gibt nicht die Strichliste zur Erlösung, die in Freikirchen so gerne herumgereicht wird: "Wenn du dieses und jenes tust und Jesus als Deinen Retter annimmst, nur dann hast du die Erlösung." Wie klein ist das gedacht. Wie überheblich. Und wie wenig christlich.
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Gott ist viel größer, als wir es uns vorstellen können.
Aber auf die Bibel kann er nicht aufpassen, oder?
Aber wir würden Gott in ein kleines Schema pressen, wenn wir ihn nur für uns selber beanspruchen würden.
Doch Gottes Liebe zum Menschen ist umfassender.
Ich möchte aus dem Buch "Zu Gast auf einem schönen Stern" vom Helmut Thielicke zitieren. Herr Thielicke hatte keinen leichten Stand während des Nationalsozialismus, hätte also leicht in Gram, Zorn und Verachtung gegen jeden und alles zu dieser Zeit sein können. Und auch später hätte diese Wut noch in ihm eingefressen sein können. Doch er schreibt über ein Erlebnis mit einer Mutter, die sehr der Ideologie verfallen war:
"Ehe ich mit ihr ins Lazarett ging, gestand sie mir noch mit Zagen, ihr Sohn habe vor einigen Tagen die Wärmflasche nach dem Kruzifix in seinem Zimmer geschmissen. Ihr war das unheimlich, und ich tröstete sie, daß der Gekreuzigte selbst die, die wider ihn waren und vielleicht nicht "wußten, was sie taten", stets mit Liebe umfangen habe."
Spürst die Gewißheit in diesen Worten? Dieses große Vertrauen in Gottes Güte? Wenn schon ein Mensch so mit "Gegnern" umgehen kann, wie wird dann erst Gott mit uns umgehen.
Das bestreite ich ja gar nicht...
Wichtig ist und bleibt erst nur die Liebe. Das ist der Anfang und der zentrale Punkt.
Da stimme ich dir völlig zu.
Dies ist auch die Kritik an der besagten Predigt von David Wilkerson. Er geht von der Sünde aus. Doch dies ist der falsche Zugang. Einzig die Liebe zählt als Ausgangsspunkt.
Ich kritisierte übrigens mit keinem Wort den Menschen Wilkerson, sondern einzig diese eine Predigt. Denn viel mehr kenne ich von ihm nicht, und es wäre falsch, einen Menschen zu beurteilen, ohne ihn wirklich zu kennen.
Dann befolge das auch - z.B. bei Äusserungen über mich.
Er setzt in dieser Predigt den falschen Schwerpunkt. Er zählt die Leiden dieser Welt auf und folgert daraus, dass dies am mangelnden Gottesglauben liegen würde. Er betont die Sünde. Natürlich hat jeder Mensch seine Handlungsweisen zu überdenken und zu versuchen, sich zu bessern.
Das ist genau die Botschaft des NT, daß der Mensch das eben nicht kann!! Wir brauchen Jesus, wenn wir uns dauerhaft verändern möchten, d.h. er verändert uns.
Ich habe Dir auch geschrieben, dass ich die Sünden nicht verniedlichen will.
Aber solche Predigten wie die besagte führen nicht zu Gott. Oh nein. Im Gegenteil. Wenn jemand nur vorgesagt bekommt, wenn du dies oder jenes tust, so wird dich Gott fürchterlich bestrafen, dann bekommt dieser Mensch Angst.
Du hast David Wilkerson falsch verstanden. Gott bestraft uns in dem Sinne nicht (aber da müßte man sich noch genauer auseinandersetzen), sondern er (und in dieser Predigt D.Wilkerson) weist nur klar auf die Folgen des Handelns der Menschen hin.
Genau so waren die Predigten bis zum Konzil auch in der katholischen Kirche. Hast Du jemals einen älteren Menschen über das Verhältnis zu Gott gehört? Es ist von ANGST geprägt. Angst!
Dabei ist das das letzte, was Gott will. Denn Gott will die Liebe.
Nur der Mensch zählt die Sünden auf. Gott sagt nur: Komm zu mir. Ich vergebe Dir die Vergangenheit. Laß uns nicht mehr darauf schauen, sondern zusammen neu beginnen. (Siehe auch die Geschichte vom verlorenen Sohn, die ich mehrmals erwähnte.)
Stimmt alles...
Der Mensch jedoch ist grausam.
Wieso? Woher kommt das, wenn er von Grund aus, von innen her doch gut ist?
Denke an die Geschichte, in der Jesus über die Ehebrecherin urteilen soll. Die Leute bringen ihm die Frau, zeigen auf sie und ihre Sünde. Und sie wollen eine schwere Strafe. Doch Jesus sagt am Ende nur: "Geh, und sündige von jetzt an nicht mehr." Er macht keine Vorwürfe, er belehrt sie nicht, er droht ihr keine Strafe an. Sondern er verzeiht ihr einfach. Spürst Du die Liebe in dieser Handlungsweise?
Weißt Du, was ich Dir mit all diesen Erzählungen sagen will? Ich verlange nur eines von Dir: Toleranz.
Ich zwinge niemand meine Meinung auf. Aber ich sage klar meine Meinung zum Thema und weise den anderen auf die Unstimmigkeiten seines Weltbildes hin (wie z.b. Dich).
Du kannst Deinen Glauben so leben, wie Du es für richtig hältst. Du kannst das Verhältnis zu Gott aufrechterhalten, wie es Dir als gut erscheint.
Doch daneben hat die Liebe zum Nächsten zu stehen. Ihm nichts überstülpen zu wollen. Du kannst erklären, aber nicht drohen.
Ist Dir dies aufgefallen? Du hast - besonders im letzten eBrief - den Zeigefinger gehoben und gesagt "Gott wird ...".
Nein, das habe ich nicht. Ich will auch keine Angst einjagen (auch David Wilkerson will das nicht), sondern Dich einfach auf bestimmte Sachen hinweisen.
Gott liebt Dich. Gott liebt jeden Menschen. Er umfängt auch Dich.
Und um den Bogen zu schließen ... er fragt auch Dich: Wie kann ich Dir helfen? Was kann ich für Dich tun? Wer bin ich für Dich?
Ich stimme Dir vollkommen zu - trotzdem bleibe ich aber auch bei meiner Kritik!
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Ein langer Brief, ich weiß. Du mußt auch nicht darüber nachdenken, wenn Du nicht willst. Dies steht Dir frei.
| nachdenken: Er denkt durchaus nach. Dieser Brief zeigt dies schon (wobei er bei eher entscheiderenden Sachen schon geschwiegen hat). Eines ist halt klar: Er verwendet sein Grundmuster. Auf diesem steht er. Genau wie ich auch. Es wäre schwer, von dieser Grundlage herunterzusteigen und alles neu zu überdenken. Da tue ich mich ja selber schwer. Wobei ich es in Bezug auf die Schöpfungsgeschichte versucht hätte, aber keinen Zugang zur Wahrheit der biblischen Geschichte finden konnte. Die Evolutionstheorie ist einfach schlüssiger und entspricht auch den archäologischen und geologischen Tatsachen. Sicher, einiges mag noch nicht eindeutig bewiesen sein. Doch die Richtung ist klar vorgegeben. Um zu den Grundlagen zurückzukommen. Vielleicht übersehe ich dabei eine Aussage von Wolfgang. Aber ich finde keine Stelle die zeigt, dass er wirklich und konkret die Schöpfungsgeschichte hinterfragen würde. So wie es aussieht geht er davon aus, dass sie einfach stimmen muss und sucht nun die entsprechenden Argumente dafür.
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Dir ebenfalls. Nachdem Du aber Dir soviel Mühe beim Schreiben gibst, nehme ich schon an, daß Du das tust...
Bis dann!
Wolfgang
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